JOSIP BUDIMIR – Ein Mann und sein Bier
Es gab nicht den einen Tag, an dem Josip Budimir einfiel, er könne ein Offenbacher Bier brauen, es gab viele davon, und sie waren nicht so schön: Im Stadion am Bieberer Berg sah der gebürtige Lauterborner die Offenbacher Kickers Fußball spielen – selten erfolgreich, und dann gab es auch noch Bier aus Frankfurt dazu. „Der Verein ist am Boden, die Nachbarn schauen auf uns Offenbacher herab“, dachte Budimir sich jedes Mal. „Und dann haben wir noch nicht einmal ein eigenes Bier?“ Budimir wollte das ändern. „Ich hab richtig Bock auf Bier und ich liebe meine Stadt“, sagt er, und dieser Satz erklärt die Leidenschaft, mit der sich der an der Hochschule für Gestaltung ausgebildete Grafikdesigner an die Aufgabe machte, Offenbach ein Bier zu geben.
Er recherchierte im Stadtarchiv, fragte bei der Industrie- und Handelskammer nach, suchte nach verbrieften Rezepten und fand: nichts. "Offenbar hat es für Offenbach nie ein offizielles Braurecht gegeben", sagt Budimir und findet das verrückt: Eine Stadt von dieser Größe, und noch nie, jedenfalls so weit man das von heute aus übersehen kann, hat jemand ein Bierrezept notiert oder offizielles Braurecht besessen. Mit dem Einmachtopf seiner Mutter machte Budimir sich daran, das zu ändern.
Er bestellte Zutaten im Internet, mischte Hopfen, Malz und Hefe, ließ Freunde kosten.
Süffig-herb ist das Ergebnis – das Offenbacher Bier, das inzwischen nicht mehr auf Budimirs Herd, sondern in einer Brauerei entsteht. Seit April 2016, dem 500. Jubiläum des deutschen Reinheitsgebots, gibt es das Getränk zu kaufen – eines, bei dem Budimir alles selbst gemacht hat: das Rezept natürlich, als Grafikdesigner auch das Logo und große Teile des Vertriebs. Immer wieder gibt es Tage, an denen Budimir um fünf Uhr morgens aufsteht, zur 20 Minuten entfernten Brauerei fährt, Biere ins Auto lädt und sie persönlich in die Läden bringt.
Wenn Budimir, dessen Eltern vor Jahren aus Kroatien nach Offenbach kamen, über Bier redet, dann hört sich das zärtlich an. „Bier ist nicht nur ein Getränk, Bier ist Kommunikation, Identität und Kultur“, sagt er. Seines ist ganz schnörkellos ein Pils, eines für alle: Es kostet 50 Cent die Flasche, kann zu diesem Preis in ausgewählten Kiosken und Getränkeläden in Offenbach gekauft werden und ist also weit davon entfernt, eines dieser hippen Craft-Biere zu sein, die sich junge Städter als Distinktionsmerkmal leisten. „Wir sind hier in Offenbach eine verschworene Gemeinschaft“, sagt Budimir.
Und so ist auch sein Bier: für alle da.
Nachtrag:
Im Jahr 2018 hatte die Wettbewerbszentrale moniert, dass das Bier gar nicht in Offenbach, sondern im fränkischen Arnstein gebraut wurde. Nach der Unterschrift einer Unterlassungserklärung und einer außergerichtlich Einigung heißt das Offenbacher Bier nun „Verboten gut“.